Balladenabend am PMHG

Bericht aus der Filder-Zeitung vom 21.10.2011, von Ursula Vollmer

Echterdingen. Prominente lesen ihre Lieblingsballaden in der Schulaula vor. Von Ursula Vollmer

Eine Zeitreise von mehr als zwei Jahrtausenden, die kaum länger als eine Schulstunde dauert? Wie das funktionieren kann, hat ein Balladenabend am Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium (PMHG) bewiesen. An der Schimmelwiesenstraße ist wie an allen Schulen im Stadtgebiet derzeit die "Lesezeit" ein Thema. Noch bis Dezember serviert das Projekt, das vom Kulturamt und der Stadtbücherei initiiert wurde, ein Veranstaltungs-Potpourri rund um das gedruckte Wort. Vorlesestunden und -wettbewerbe gehören dazu, Bücherflohmärkte und Bilderbuchkinos - vor allem aber jede Menge Lesungen.

Natürlich waren bereits einige Autoren zu Gast. Es wäre aber auch spannend, jenen Menschen zuzuhören, die in L.-E. für gewöhnlich in anderen Zusammenhängen zu hören sind. So dachte man zumindest im PMHG. Also baten die Veranstalter Oberbürgermeister Roland Klenk und die Mitglieder des Gemeinderates, ihre Lieblingsballaden vorzustellen.

Der CDU-Stadtrat Klaus Machanek legte sich eine Erklärung zurecht: Wahrscheinlich sei an die Gemeinderäte gedacht worden, weil zwischen Ballade und öffentlichem Redebeitrag eine Ähnlichkeit bestehe: "Belehrend, gefühlsbetont und manchmal unverständlich". Mit Wilhelm Busch hat Machanek jede Gefahr elegant umschifft: "Die Freunde" vom "Urvater des deutschen Comic" seien "verständlich ohne weitere Erklärung", befand einer der Schüler, die Inhalt oder Entstehungsgeschichte der Beiträge kurz skizzierten.

Freundschaft und unverbrüchliche Treue hatten es auch dem Oberbürgermeister Roland Klenk angetan. Seine belegte Stimme galt allerdings weniger Friedrich Schillers packendem Drama als vielmehr einer dicken Erkältung. Die Ballade um "Die Bürgschaft", die 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung sogar dem tyrannischen König "ein menschliches Rühren" zu entlocken vermochte, habe seit seiner Schulzeit einen tiefen Eindruck hinterlassen, bekannte Klenk. Auswendig vortragen sei seine Sache trotzdem nicht (mehr).

Auch Wolfgang Haug, der Vorsitzende der Fraktionsgemeinschaft FDP/LE-Bürger, und Hans Huber, Chef der Freien Wähler, waren in der Klassikerkiste fündig geworden. Seine Lieblingsballade sei "Der Überfall in Wildbad" zwar nicht unbedingt, stellte Huber fest, dafür halte er den "guten alten Uhland" für politisch aktuell wie eh und je. Mit dem "Zauberlehrling" hatte sich Haug eins der populärsten Werke des Großmeisters Johann Wolfgang von Goethe vorgeknöpft, der die Grundlagen der Poetik laut Schülerkommentar wie ein "Ur-Ei der Dichtkunst" entwickelt habe.

Nicht den kleinsten Spickzettel brauchte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ingrid Grischtschenko, die die Ballade vom Raben und Fuchs von Jean de la Fontaine erzählte - auf französisch. Sie wolle mit dieser Fabel vom Preis der Eitelkeit nicht nur fürs Auswendiglernen plädieren, sagte die Stadträtin, sondern auch für das Eintauchen in fremde Sprachenwelten.

Zwei Popballaden rundeten das Programm ab: "Wind of Change" habe Ende der 1980er Jahre den politischen Wandel gefeiert, erinnerte sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Barbara Sinner-Bartels an den Hit der Scorpions. Zum Träumen lud auch die Kulturamtsleiterin Dorothea Wissmann-Steiner mit ihrer tollen Stimme und dem berührenden "Imagine" ein. Stell dir vor, hatte John Lennon geschrieben, bevor er 1980 erschossen wurde, es gibt kein Himmelreich und keine Hölle - nichts wofür man töten müsste.

Eine klitzekleine Träumerei erlaubte sich zum Schuss noch Wolfgang Krause: "Vielleicht lässt sich eine solche Veranstaltung wiederholen", sagte der Rektor: "Der Gemeinderat ist groß."