Exkursion zur Südzucker AG in Offenau

Am Freitag, den 15. November 2013 machten die Chemie-Kurse der Jahrgangstufe I eine Exkursion zu Südzucker Offenau. Begleitende Lehrer waren Frau Dolde und Herr Neufeld. Wir kamen in der so genannten Kampagne – dem Zeitpunkt der Ernte der Zuckerrüben im Herbst – und hatten so den optimalen Zeitpunkt erwischt, um von der Anlieferung der Rübe bis zum Endprodukt jeden Schritt zu sehen. In Kleingruppen getrennt, war die Führung interessant und sehr individuell.

Zu Beginn wurde uns die Südzucker AG mit ihren vier Segmenten „Frucht“, „CropEnergies“, „Spezialitäten“ und „Zucker“ durch eine allgemeine Unternehmenspräsentation vorgestellt, zu finden unter www.südzucker.de. Das Werk Offenau ist nur ein kleiner Teil von Südzucker. Dort arbeiten 170 Mitarbeiter, ca. 1 % aller Südzuckerbeschäftigten. Die Fabrik schläft während der Kampagne nie; so arbeiten die 170 Mitarbeiter rund um die Uhr in drei Schichten. Dabei vergehen ca. 10 Stunden, bis aus der Rübe fertiger Zucker geworden ist.

Das Werk Offenau fertigt vier Produkte aus dem Haushaltssortiment Südzuckers an: „Fein Zucker", „Feinster Zucker", „Feinstes Kristall" und „Puder Zucker". Hier wird unter anderem zwischen den Korngrößen der Produkte unterschieden.
Zucker ist chemisch gesehen viel mehr als nur „kleine weiße, süß-schmeckende Kristalle". Saccharose, der umgangssprachliche Haushaltszucker, besteht aus den Monosacchariden Glucose und Fructose, die zu einem Disaccharid (Zweifachzucker) verbunden sind. Andere Mono- und Disaccharide sind als natürliche Beimischungen ebenfalls enthalten.

Zucker wird nicht hergestellt sondern gewonnen! Der Gewinnungsprozess ist keine chemische Reaktion, sondern ein Trennverfahren, bei dem der in der Rübe enthaltene Zucker herausgelöst wird. Den chemischen Teil der Zuckerproduktion erledigt die Pflanze während der Fotosynthese, in dem sie mit Hilfe von Sonnenlicht Zucker herstellt. Die Saccharose muss also aus der Rübe herausgelöst, konzentriert und auskristallisiert werden. Zuckerrüben haben einen natürlichen Zuckergehalt von ca. 17 %.

Damit wir verstehen konnten, wie aus der Rübe Zucker wird, startete unser Werksführer beim ersten Prozess der Gewinnung, der Anlieferung der Rüben. Die Rüben werden beim Anliefern gewogen und gewaschen. Das Werk hat eine eigene Kläranlage und bereitet somit das dabei entstehende Abwasser wieder auf. Nach der Wäsche kommen die Rüben in die Schnitzelmaschine, wo sie zu länglichen Schnitzeln zerkleinert werden. Im Extraktionsturm werden die Schnitzel mit ca. 67ºC warmem Wasser behandelt, das den Zucker herauslöst - der stark verdünnte Rohsaft entsteht. Die ausgelaugten (entzuckerten), gepressten und getrockneten Rübenschnitzel werden zu nährstoffreichem Viehfutter verarbeitet.

Der Rohsaft wird durch das Ausfällen von Begleitstoffen gereinigt. Dies ist notwendig, da der Rohsaft sogenannte Nichtzuckerstoffe enthält, welche die Qualität und den Geschmack des Endproduktes verschlechtern würden. Dazu gehören z.B. pflanzliche Eiweiße oder natürliche Pflanzensäuren. Durch Zugabe von Kalkmilch werden unerwünschte Phosphat-, Sulfat- und Magnesiumionen sowie die Anionen der Fruchtsäuren gebunden und als schwerlösliche Salze ausgefällt. Die überschüssigen Calciumionen der Kalkmilch werden mit Hilfe von Kohlenstoffdioxidgas als Kalk ausgefällt. Der entstehende Kalk reinigt den Saft weiter (z.B. durch Absorption von Farbstoffen). Nach der Filtration entsteht ein Dünnsaft mit einem Saccharosegehalt von ca. 16 %.

Im nächsten Schritt wird der Dünnsaft durch Eindampfen in mehreren Durchgängen auf ca. 67 % Zuckergehalt konzentriert. Brauner und zähflüssiger (viskoser), sehr süßer Dicksaft ist das Resultat. Der Zucker ist darin immer noch gelöst.
Nun folgt die Kristallisation der Zuckerkristalle mit Hilfe von Impfkristallen im Vakuum. Dabei bildet sich fester Rohrzucker, welcher durch Zentrifugation von der Flüssigkeit abgetrennt wird. Mehrere Lösungs-Kristallisations-Schritte folgen, um den Rohrzucker zu reinigen. Dadurch erhält man Raffinade, den bekannte „weißen Zucker".

Als Abfallprodukt entsteht die zähflüssige dunkelbraune Melasse. Diese wird, wie alles im Werk Offenau, wiederverwertet. Die Melasse wird zu den ausgelaugten Rübenschnitzeln aus dem Extraktionsturm hinzugefügt. Das Viehfutter ist nahrhaft und zum Teil optimal für die Viehzucht geeignet.
Somit ist aus der Rübe Zucker gewonnen worden und jeglicher Abfall wiederverwendet worden. Nach unserer Werksführung konnten wir beim Vesper unseren Guides noch einige Fragen stellen. Leider waren beide keine Chemiker, so dass einige chemische Fragen unbeantwortet blieben. Den Eindruck einer großen Fabrik mit ihren komplexen Abläufen konnten die beiden Werksführer jedoch optimal und kompetent vermitteln. Auch die soziale Komponente, der sich Südzucker laut eigenen Angaben besonders verpflichtet fühlt, wurde herausgestellt. Dabei ist verblüffend, dass 52 % der Konzernanteile den anbauenden Landwirten gehören und feindliche Übernahmen somit erschwert werden.

Alles in allem war die Exkursion sehr aufschlussreich und hat gezeigt, dass Zucker nicht einfach industriell hergestellt werden kann, sondern aufwendig gewonnen werden muss. Die gesellschaftlichen und individuellen Folgen des rasant steigenden Zuckerkonsums durch den niedrigen Zuckerpreis wurden bei dieser Führung nicht erwähnt und diskutiert. Offensichtlich ist jedoch, dass genau an diesem Punkt gesondert angesetzt werden muss. (Nadine Kaiser)